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Sonntag, 14. Dezember 2014

Rettungsaktion

Adventszeit ist die Zeit, in der man besinnlich beisammen sitzt, weihnachtliches Gebäck knabbert und ein schönes, heißes Getränk dazu trinkt. Nun ist es aber so, dass im Hause P. diese Zeit so überhaupt nicht besinnlich ist, denn zusätzlich zu den sowieso anfallenden Arbeiten will das Weihnachtsgebäck gebacken und Geschenke gebastelt oder gekauft werden. Ebenso stehen viele Termine ins Haus, so dass man eigentlich überhaupt keine Zeit für Besinnlichkeit hat. Und jedes Jahr nehme ich mir vor, dass ich alles ganz gemütlich angehen werde um dann festzustellen, dass Weihnachten, wie jedes Jahr, so ganz plötzlich am 24. Dezember da ist.

Ich schweife ab, denn eigentlich wollte ich Euch ja etwas über eine Gruppe von BloggerInnen erzählen, die sich auf die Fahne geschrieben haben, zu retten, was zu retten ist. Im November wurden Knödel gerettet und ich hatte zufälligerweise an diesem Tag Leberknödel gemacht. Und so habe ich eher unfreiwillig mitgerettet, was für mich aber kein Problem darstellt. Mache ich doch gerne. Jedenfalls wurde ich daraufhin in die Gruppe aufgenommen und rette nun offiziell mit. Und was rettet man wohl kurz vor Weihnachten - natürlich Plätzchen und Co.

Jedenfalls habe ich es in diesem Jahr geschafft und vor dem 2. Advent gebacken. Gleich 2 Mal richtig traditionell. Gerne hätte ich noch Basler Läckerli gemacht, aber ich komme gerade nicht an das Kochbuch ran. Deswegen mache ich mir an dieser Stelle einen Knoten ins Taschentuch, dass ich meine Mutter auf deren selbstgeschriebenes Buch anquatsche, wenn ich sie das nächste Mal sehe - vermutlich im Sommer, denn sie verbringt den Winter auf den Kanaren! Und auch das Kochbuch meiner Großmutter ist natürlich gerade unauffindbar. Aber ich habe ja selbst einen großen Fundus an Rezepten...


Beim weiteren Stöbern im www habe ich diese Geschichte und das Rezept aus einem Basler Kochbuch aus dem Jahr 1824 gefunden - besonders der letzte Absatz hat es mir angetan...

Altes Basler Rezept für Anisbrötli

«Nimm vom Mehl ein Pfund, siebe es fein und stell es über Nacht ins Ofenloch. Nimm ein Pfund trockenen Zucker und vier Eier, aber grosse; zwei Löffel ausgeblasenen Änis, wenn Du es fein haben willst, sollst Du Ihn im Ofen bähen. Vom alten Baselbieter Kirsch zwei Esslöffel (lupft sie gut und vertreibt den Eiergeschmack).

Zucker, Eier und Änis lass vom ältesten Buben rühren, dann vom zweitältesten, dann vom dritten, zusammen wenigstens eine halbe Stunde, dann gib das Chriesiwasser dazu, schaffe das Mehl darunter und wirke den Teig auf dem Wallbrett, bis er schön verbunden ist. Wälle den Teig aus, aber nicht zu dünn, und drücke mit Sorgsamkeit und Kraft die Model auf.

Hernach alles auf mehlbestäubtem Brett 24 Stunden an die Wärme gestellt und dann bei schwacher Hitze backen. Um sie schön weiss zu haben, stäube vor dem Backen Mehl darauf und blase es nachher weg.

Kriegen sie keine Füsschen, so schimpfe die Buben aus oder die Stubenmagd: War schlecht gerührt oder Durchzug in der Stube. Änisbrötli ohne Fuessli sind ein Ärgernis.»



Dumm ist nur, dass ich weder Buben noch eine eine Stubenmagd zum ausschimpfen habe. Was aber nicht weiter schlimm ist, denn meine Springerle sind wunderbar aufgegangen - dafür sie sind allerdings etwas in die Breite gegangen. Vermutlich war der Teig doch noch etwas zu feucht. Hier also das Rezept von meinen traditionellen Springerle (mit Modifikation des Mehlanteils):

Springerle mit Kirschwasser
für ca. 50 Stück

1-2 EL Anissamen
4 Eier Gr. L (ca. 200 g)
1/2 TL Hirschhornsalz
500 g Puderzucker
2 El Kirschwasser
550 - 600 g Dinkelmehl Type 630 + etwas zu Arbeiten

Anissamen in einer Pfanne ohne Fettzugabe leicht anrösten und abkühlen lassen. Eier in einer Schüssel 2 Minuten schaumig schlagen. Dann den Puderzucker dazugeben und weitere 5-10 Minuten schlagen. Hirschhornsalz im Kirschwasser auflösen. Zusammen mit dem Mehl und den Anissamen unterrühren, bis ein weicher Teig entsteht - ja, er ist sehr weich und ähnelt einem Rührteig! Zugedeckt 2 Stunden im Kühlschrank ruhen lassen.

Teig portionsweise ca. 1 cm dick ausrollen (das funktioniert am Besten mit Hilfe von 2 Holzstücken, auf denen das Nudelholz aufliegt). Die Teigoberfläche und die Springerle-Model leicht mit Mehl bestäuben, dann die Model gleichmäßig in den Teig drücken. Springerle mit einem Messer oder Teigrad ausschneiden. Auf einem mit Mehl eingestäubten Küchenhandtuch oder Holzbrett bei gleichbleibender Temperatur und ohne Durchzug einen Tag trocknen lassen.

Vor dem Backen muss die Unterseite der Springerle wieder befeuchtet werden - dazu setzt man sie kurz auf ein gut befeuchtetes Küchenhandtuch. Im vorgeheizten Backofen bei 150 °C (Ober- und Unterhitze) ca. 10 Minuten backen, dann weitere 10 Minuten bei 125 °C oder insgesamt ca. 20 Minuten bei 140 °C (Umluft) backen. Eventuell den Stiel von einem Holzkochlöffel in die Backofenür klemmen, damit die Feuchtigkeit entweichen kann. 

Perfekte Springerle sind oben fast weiß, innen weich und aussen leicht knusprig.


Aber das ist noch nicht alles, was ich gebacken habe. Denn dieses Jahr habe ich auch das erste Mal Lebkuchen gebacken. Weil sie so, wie sie mein Mann liebt, nicht käuflich zu erwerben sind. Am Liebsten mag er sie nämlich pur, ohne Zucker- oder Schokoladenglasur - o.k., schöner aussehen tun sie doch mit etwas Verzierung.


Die Nüsse für die Lebkuchen kann man übrigens auch als ganze Nüsse kaufen und im Thermomix (10-15 Sekunden auf Stufe 5) mahlen. Auch das Orangeat/Zitronat lässt sich im Kesselchen wunderbar zerkleinern - geht fix und nichts klebt an den Fingern.

Elisen-Lebkuchen
für ca. 30 Stück

5 große Eier
350 g Rohrzucker
2-3 EL Vanillezucker, vom selbst gemachten
100 g Orangeat, fein gehackt
100 g Zitronat, fein gehackt
15 g Lebkuchengewürz
200 g gemahlene Haselnüsse
200 g gemahlene Madeln
50 g Walnüsse, gehackt
Schale von 1/2 unbehandelten Zitrone
Schale von 1/2 unbehandelten Orange
Backoblaten (7 cm Durchmesser)
(Dinkel-)Mehl zum Arbeiten

Eier, Rohrzucker und Vanillezucker im Thermomix 2 Minuten auf Stufe 5 cremig aufschlagen. Dann das Lebkuchengewürz, sowie Orangeat und Zitronat 10 Sekunden auf Stufe 5 unterrühren. Zuletzt die Nüsse und die Zitrusschalen unterrühren. In eine Schüssel umfüllen und 12-24 Stunden zugedeckt im Kühlschrank ruhen lassen.

Dann den Teig nochmals umrühren, Arbeitsfläche mit Mehl bestäuben. Oblaten auf ein mit Backpapier belegtes Backblech legen. Mit zwei Esslöffeln etwa eiergroße Teigstücke auf das Mehl geben und mit Mehl bestäuben. Mit bemehlten Händen zu Kugeln formen, auf die Oblaten setzen und etwas flach drücken.

Backofen auf 150 °C (Umluft) vorheizen. Lebkuchen dann ca. 15 Minuten backen - sie sollten dabei saftig bleiben, deswegen lieber etwas kürzer als zu lange backen.

Lebkuchen auf einem Kuchengitter vollständig auskühlen lassen und anschließend in einer geschlossenen Dose aufbewahren.




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Und hier wird auch gerettet:

16 Kommentare:

  1. WoW das sind ja herrliche Exemplare, da bekommt man Gelüste ;)
    Deine Springerle sehen richtig toll aus, mit dem Stempel ein richtiger Hingucker.

    Liebe Grüße Kerstin

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    1. Hallo Kerstin, das mit dem Stempel war eher eine Notlösung, denn irgendwie sind die Springerle mit den richtigen Modeln einfach nicht so schön geworden, wie gedacht. Also habe ich es einfach mal probiert.

      LG Andrea

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  2. Danke, dass du dich bei der Aktion beteiligst.
    Gleich zwei Kekse, das find ich sehr fleißig!
    Und diesen Stempel würde ich dir gern klauen! Verrätst du, wo du den her hast?

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    1. Danke für den lieben Kommentar. Aber geklaut wir hier nicht, dafür verrate ich Dir, wo ich den Stempel her habe... den gab es Anfang des Monats bei Depot, sind aber vermutlich schon komplett ausverkauft, ich habe schon den Dekorationsstempel gekauft. Ähnlich habe ich aber auch schon im großen Auktionshaus gesehen, allerdings wesentlich teurer.

      LG Andrea

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  3. Das Rezept für die Anisbrötli ist ja wirklich wunderbar. Echt blöd, dass man heutzutage meist keine Buben und keine Stubenmagd mehr hat... da fehlt uns doch wirklich was!
    (Und lecker aussehen tun die geretteten Werke auch.)

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  4. Die Springerle sehen sooooo zauberhaft aus ♥
    Wir haben auch noch ein altes Brett von meiner Uroma, allerdings habe ich mich noch nicht rangetraut...
    nächstes Jahr vielleicht ;-)

    Liebe Grüße
    Janke

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  5. Die sehen wirklich toll aus, wie gemalt!
    Und jetzt weiß ich auch wer die nette Hexe ist, die bei mir kommentiert hat,..ich hab dich nicht in Zusammenhang gebracht:-)

    Liebe Grüße Sina

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  6. Das "Altes Basler Rezept" ist ja zu schön ..... herrlich wie das früher beschrieben wurde.

    Und deine Springerle sehen fantastisch aus .... beinahe wie Kronkorken zum Sammeln :D

    Zauberhafte Grüße .... Katja

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  7. Das schaut so großartig aus! Sowohl die Springerle, als auch die Lebkuchen. Das Lebkuchenrezept nehm ich gleich mal mit für nächstes Jahr. Ich mag Lebkuchen sehr gerne :D

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  8. Ich weiss gar nicht, welches ich zuerst probieren soll. Sehen beide toll aus!

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  9. Und stell es über Nacht ins Ofenloch...... Ich bekomme leuchtende Augen bei diesen alten Texten und vor allem auch den alten Rezepten. Ich habe in diesen Tagen sowieso alles voller alter Kindheitserinnerungen. Ich bin ja eigentlich schon ein alter Mann, wenn man meinen Jahrgang nimmt. Und darum umso verwunderlicher, daß in der Plätzchenzeit diese ganzen Erinnerungen wieder wach werden an Früher. Da wurde die beste selbstgemachte Butter aufgespart für die Backzeit, der Ofen glühte und das Ofenloch war warm. Geduftet hat es wochenlang nach Gebäck und Bratapfel, bis zur weihnachtlichen Gans.
    Heute gibt es das auch alles noch (in einem ordentlichen Haushalt wird es auch noch handwerklich zubereitet). Aber dennoch bleibt uns der Reiz, den wir in der Jugend hatten verschlossen. Ich hoffe unsere Kinder empfinden immer noch so - wie wir empfunden haben.

    Ich lese zwischen Deinen Zeilen eine ähnliche Liebe nach diesen "alten Zeiten + alten Rezepten". Ich möchte nur sagen das hat mir gefallen. Die handwerkliche Ausführung Deiner Nobelklasse-Plätzchen. Chapeau!!

    Der Mitretter Hardy

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  10. ich hätte dann mal gerne eine Dose voll zum testen und knuspern und "geschmecken"
    ---- danke (auch für die Post *freu
    LG hellerlittle

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  11. Liebe Andrea,
    was für hübsche änisbrötchen du gebacken hast. Da im Hause widmatt ein schönes, nein überhauot ein Modell fehkt backe ich Änischräbeli. Jedes Jahr und tausche mich jedes Jahr über Füsschen, oder keine, Stöckelschuhe (wenn sie arg hoch sind aus) Mir gefällt auch der auszug aus dem Basler Kochbuch, hast du Verwandtschaft in die Schweiz? Für mich gehören diese Chräbeli dazu, ein must have und ich könnte ja mal mit dem Cookiestempel versuchen und schummeln ;)
    Herzlichen Dank fürs mitretten, so kann ich meinen Bloghorizont auch erweitern und freue mich auf ein spannedes Retterjahr 2015.
    Liebs Grüessli aus der Schweiz
    Irene

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    1. Nein, liebe Irene, ich habe keine Verwandtschaft in der Schweiz. Aber ich komme (ursprünglich) aus dem 3-Länder-Eck und von Freiburg aus ist es ja nur noch ein Katzensprung bis Basel. Den Auszug aus dem Kochbuch habe ich im www (Quellenangabe im Post) gefunden und war auch hell begeistert davon.

      Den Cookie-Stempel solltest Du echt einmal für die Springerle nutzen, ich finde es arbeitet sich mit der Silikonbeschichtung einfacher als mit den Holzmodeln.

      LG Andrea

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  12. Wow, beide Sorten sind ja wirklich super geworden!

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  13. Mmh, Eliselebkuchen werde ich unbedingt mal nachbacken! Das habe ich noch nie ausprobiert und gekaufte schmecken mir nicht wirklich (bekomme immer vom besten Bruder der Welt vom Bäcker geschenkt, die auch nicht), klingt himmlisch! Frohe Weihnachten!!

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